Stolpersteine für Geschwister Kleffmann

STADTLOHN - Auf den Tag genau vor 73 Jahren, am 10. Dezember 1941, wurden neun jüdische Bürger von Stadtlohn in einem Haus an der Rezepterstraße zusammengepfercht und anschließend über Münster nach Riga deportiert. Darunter auch Paulina Kleffmann. An sie und ihren Bruder Albert erinnern nun Stolpersteine an der Brookstraße 10.

„Was passiert hier denn?", fragten vorbeilaufende Kinder am Dienstagnachmittag. „Wir verlegen Stolpersteine", erklärte ihnen Ingeborg Höting vom VHS-Arbeitskreis „Stadtlohner Geschichte". „Stolpert man dann darüber?", wollten die Kinder wissen. „Ja - mit dem Kopf!" Kurze Zeit nach diesem Dialog fuhr der Künstler Gunter Demnig vor. Als er ausstieg, hielt er zwei gold-glänzende Pflastersteine in der Hand.

Binnen weniger Minuten entfernte Demnig einen Pflasterstein vor der Hausnummer 10 an der Brookstraße. Dann setzte er die beiden Stolpersteine ein. Sie sollen an die Stadtlohner Albert und Paulina Kleffmann erinnern. Die Geschwister waren zwei der zwölf Kinder der jüdischen Kaufleute David und Helena Kleffmann.

 

Dokumentation

Der VHS-Arbeitskreis „Stadtlohner Geschichte" hat in Zusammenarbeit mit Ingeborg Höting und Stadtarchivar Ulrich Söbbing die Geschichte der Familie Kleffmann erforscht und in einer Dokumentation festgehalten. Die Tochter von Albert Kleffmann, Helen Denkwerth, hat die Forschungen mit E-Mails aus Amerika unterstützt. In die USA war ihr Vater ausgewandert, nachdem er zuvor 1933 in die Niederlande geflüchtet war. In einer E-Mail zeigte sich Helen Denkwerth berührt, dass ein kleiner Ort auf diese Weise an die jüdischen Bewohner Stadtlohns erinnere, übermittelte Ingeborg Höting bei der Stolpersteinverlegung. Helen Denkwerth schrieb auch, dass ihr Vater viele glückliche Erinnerungen an seine Heimat hatte.

Nicht ganz so gut davon gekommen, war seine Schwester Paulina. Als letztes Familienmitglied wurde sie am 10. Dezember 1941 mit neun weiteren Stadtlohnern und zahlreichen anderen Juden nach Riga deportiert. „Dort verliert sich ihre Spur", sagte Ingeborg Höting am Dienstag. Man wisse nicht, wo und unter welchen Umständen sie zu Tode gekommen sei.

 

Weitere Forschung

Alle direkten Opfer der Deportation wurde nun in Stadtlohn ein Stolperstein gewidmet. „Aber wir müssen noch forschen", sagte Ingeborg Höting. Es gibt noch weitere jüdische Bürger, die zuerst aus Stadtlohn weggingen und dennoch Opfer des Regimes der Nationalsozialisten wurden.

Hinzu kommen Euthanasie-Opfer. „Diese Fälle muss man sehr sensibel angehen und mit den Familien sprechen", erklärte die Historikerin. Zwölf solcher Fälle habe es in Stadtlohn gegeben, meinte Söbbing. Er sieht einen gemeinsamen Stolperstein oder eine Gedenkstätte als mögliche Erinnerung. „Es ergeben sich immer neue Verbindungen zu Familienmitgliedern", erzählt Söbbing, dass der Kontakt zu Albert Kleffmanns Tochter ein Glückfall gewesen sei. Die Amerikanerin möchte im nächsten Jahr nach Stadtlohn kommen, um sich die Stolpersteine an dem ehemaligen Wohnhaus ihrer Vorfahren anzusehen.

 

aus der Münsterland Zeitung vom 10. Dezember 2014