Neue Stolpersteine werden gelegt





Die Historikerin Ingeborg Höting und der Stadtarchivar von Stadtlohn, Ulrich Söbbing, sichten Materialien zum Hintergrund der kommenden Stolperstein-Verlegung. (Foto: MLZ)

STADTLOHN. In besonderer Weise wird in Stadtlohn in der kommenden Woche an den Jahrestag der Deportation der letzten jüdischen Einwohner der Stadt im Jahr 1941 gedacht: mit der Verlegung von „Stolpersteinen“.

An der Vredener Straße und an der Dufkampstraße sollen sie künftig an das Schicksal der Mitglieder der Familie Meyers erinnern. Damit setzt der VHS-Arbeitskreis Stadtlohner Geschichte von 1933 bis 1945 seine Arbeit fort. Er hat es sich zum Ziel gesetzt, Schritt für Schritt durch „Stolpersteine" an alle jüdischen Familien dauerhaft zu erinnern, die in der Töpferstadt heimisch waren.

Dazu wird der Künstler Gunter Demnig insgesamt sieben der von ihm gestalteten Steine mit den Daten der einst dort lebenden jüdischen Stadtlohner verlegen - um 14.30 Uhr zunächst zwei an der Vredener Straße 13, danach noch einen weiteren an der Dufkampstraße 43. Aus den Niederlanden war Meijer Meijers nach Stadtlohn gezogen, wo er mit seiner Frau Schorsina lebte; er behielt die in den Niederlanden gebräuchliche Schreibweise seines Namens bei. Er war in Stadtlohn durch seine Arbeit mit vielen Menschen gut bekannt, zog er durch mit Pferd und Wagen durch die Bauernschaften, um Kurzwaren zu verkaufen.

Sechs Kinder hatte das Ehepaar, der älteste Sohn Leopold blieb in Stadtlohn, wo er als Schneider sein berufliches Auskommen hatte. „Er hatte im Ersten Weltkrieg gekämpft, hatte das Eiserne Kreuz erhalten und war verwundet worden. Er rechnete nicht damit, dass er er deputiert würde", berichtet die Leiterin des Arbeitskreises, die Historikerin Ingeborg Höting. Doch das wurde er 1941: Leopold Meyer kam nach Riga, wo er 1943 ermordet wurde. Von seinen drei Kindern überlebten zwei den Krieg und die Verfolgung: Tochter Edith gelangte eine Woche vor der Pogromnacht vom November 1938 ins Ausland. Die Brüder Hans-Werner und Max wurden jedoch durch die Nazis mit den Eltern nach Riga verschleppt.

 

Zunächst nach Stadtlohn

Nur Max überlebte die Hölle von fünf Konzentrationslagern. Nach dem Krieg ging er zunächst nach Stadtlohn zurück in der Hoffnung, dass sich noch weitere Familienmitglieder einfinden würden. Doch er blieb allein. Im Februar 1947 zog er nach Australien, wo seine Schwester inzwischen lebte, und wo er bis heute ansässig ist.

Sehr bewegt habe die Familie von Edith Meyers auf die Tatsache reagiert, dass ihrer verfolgten Verwandten in Stadtlohn nun gedacht werden soll. Der Mann der inzwischen Verstorbenen und seine Kinder wären am liebsten zur Verlegung der „Stolpersteine" angereist. Das klappte so schnell zwar noch nicht, einen Besuch in Stadtlohn soll es aber im kommenden Jahr geben.

Die Patenschaft für die Verlegungen haben der Lionsclub und das Geschwister-Scholl-Gymnasium für die Verlegung in der Vredener Straße übernommen sowie die Kirchengemeinde St. Otger, insbesondere die Firmlinge und die KFD, in der Dufkampstraße.

 

Dokumentation

Im Rahmen der Aktion wird auch eine Dokumentationsbroschüre erhältlich sein. Der Obolus dafür fließt in die Finanzierung weiterer „Stolpersteine". Ein Kaffeetrinken im Pfarrheim St. Otger schließt sich der Aktion an. Dort besteht für ältere Stadtlohner Gelegenheit, Erinnerungen auszutauschen oder entsprechende Fotos mitzubringen.

 

aus der Münsterland Zeitung vom 4. Dezember 2012